Entwicklung mit dem Enneagramm
Zweite erweiterte D-A-CH-Tagung in Wiesbaden vom 22.- 24.3.2019
„Was empfinde ich aus meinem Enneagrammmuster heraus als meine Entwicklungsaufgabe?“ war die Frage die wir, die 20 VertreterInnen der vier größten deutschsprachigen Enneagrammverbände, uns in Wiesbaden stellten.
Der Ökumenische Arbeitskreis Enneagramm (ÖAE) arbeitet vornehmlich in der Erwachsenenbildung und in der Seelsorge. Das Enneagrammforum Schweiz (EFCH) strebt eine gesamtschweizerische Vernetzung und Weiterbildung mit dem Enneagramm an. Das Deutsche Enneagrammzentrum (DEZ) erforscht geeignete Vermittlungsformen des Enneagramms und arbeitet mit dem Enneagramm in Verwaltung, Pädagogik und Sozialarbeit. Typisch für den EnneagrammlehrerInnenverein in der mündlichen Tradition (EMT) ist, dass die verschiedenen Enneagrammtypen ihre Erfahrungen im Dialog, also im mündlichen Austausch (Panel) weitergeben.
Das D-A-CH – Treffen fand zum neunten Mal statt aber erst zum zweiten Mal als offener Großgruppenprozess, unter der Leitung von Katrin Richter und Martin Schreiber vom DEZ, die Erfahrung mit dieser Gesprächsform haben.
Und so fragten sich wir uns zu Beginn des Treffens: “Ist Entwicklung nur mit Kenntnis des „richtigen“ Enneagrammmusters möglich?“ Die Antwort lautete natürlich: „Nein.“ Denn dann würde Menschen, die das Enneagramm nicht kennen, jede Entwicklungschance abgesprochen. Aber alle waren sich einig, dass die Kenntnis des eigenen Musters eine besondere Möglichkeit ist: „Anfragen an sich selbst zu stellen und den Blick weg von der Verhaltensebene auf die tieferliegende Motivationsebene zu richten.“ Ein Teilnehmer meinte: „Ich kann mich nur entwickeln wenn ich weiß, in was ich verwickelt bin.“
Katrin und Martin stellten die Frage in den Raum : „Was empfinde ich aus meinem Muster heraus als meine Entwicklungsaufgabe?“
Teilnehmer mit dem Muster 1 antworteten: „Anhalten, zur Ruhe kommen und Freude und Spaß zulassen.“
Für die Menschen mit dem Muster 2 stellte sich die Aufgabe: “Wo werde ich wirklich gebraucht? Ich muss ohne Hochmut schauen, was wirklich „Not“ tut.“
Ein Teilnehmer mit dem Muster 3 sagte: „Ich versuche mein inneres Rad zu stoppen und mich zu reduzieren. Mich in den Dienst einer Gemeinschaft stellen und Dinge tun, die nicht mit Ruhm und Ehre einher gehen.“
„Meine Entwicklungsaufgabe ist es, gut auf den Tag zu achten, die Katastrophe des „mittleren Glücks“ zu akzeptieren und die Wertschätzung von anderen in mich aufzunehmen.“ erkannten Menschen mit dem Muster 4.
„Entwicklung bedeutet, in die Verantwortung für die Welt und mich zu gehen und zu versuchen, mich bewusst auf die Welt einzulassen. Es ist eine Entscheidung, aus dem inneren Nein ein Ja zu machen.“ erklärten die Teilnehmer des Musters 5.
Eine weitere Erkenntnis kam von einem Mensch des Musters 6: „Ich frage mich im Laufe des Tages wem es nutzt, wenn ich Dinge stehenlasse und nicht anzweifle. Ich versuche die Angst, als Motor alles zu sezieren, zu entlarven.“
„Anfangen. Dabeibleiben. Focussiert sein.“ brachten es die Teilnehmer des Musters 9 auf den Punkt.
Leider waren keine Menschen mit den Mustern 7 und 8 anwesend. Gerne hätten wir auch ihre Erfahrungen gehört.
Einigkeit bestand muster- und vereinsübergreifend darin, dass Entwicklung mit Innehalten zu tun hat. Den Moment zwischen Reiz und Reaktion zu erkennen, um eine bewusste Entscheidung treffen zu können. Eine Situation, die vom Willen und von Gnade geprägt ist und dem liebenden Blick auf uns und andere.
Innezuhalten war uns auch im gemeinsamen Gespräch wichtig. Fragen und Gedanken eines jeden von uns bestimmten den weiteren Verlauf des Gruppenprozesses.
„Ich fahre mit der Sicherheit nach Hause, dass das Enneagramm trägt und wir durch unsere offene, authentische Begegnung einen Dienst an der Idee geleistet haben.“ sagte eine Teilnehmerin in der Schlussrunde und: „Ich kann mich nicht alleine entwickeln, ich brauche dazu Andere. Auch als Vereine.“
In diesem Sinne empfanden wir das Treffen in Wiesbaden als inspirierend und bereichernd für unsere Arbeit mit dem Enneagramm und freuen uns auf eine Fortsetzung im nächsten Jahr.
Claudia Goldbach, EMT