Bericht über die Frühjahrstagung des EMT in Ritschweier vom 20. – 22.4.2018

zum Thema „Gurdjieff Movements“ mit Gerd Metz

„Was du in deinem eigenen Körper nicht entdecken kannst, wirst du nirgendwo auf der Welt entdecken.“ G.I. Gurdjieff

Unser Ellenbogen ist aufgestützt und unsere Hand bewegt sich aus der Entspannung in die Streckung. So als würde sich eine Blüte entfalten. Danach sinkt sie wieder in sich zusammen.

Das ist die erste Übung, die wir zur Einstimmung in die Gurdjieff Movements am Freitagabend machen. „Was ist das, was unsere Hand in Bewegung bringt? Die Quelle können wir nicht mit den Sinnen wahrnehmen, aber wir können uns der Intention bewusst sein, etwas in Bewegung zu setzen. Das ist die Quelle von der wir handeln und nicht nur funktionieren, ein harmonisches Zusammenspiel zwischen willkürlich und unwillkürlich,“ sagt Herr Metz, unser Seminarleiter für das Wochenende, dazu.

Hier in Ritschweier sind 11 Frauen und Männer für dieses Wochenende der „getanzten Meditation“ zusammen gekommen. Die Mehrheit von uns kennt Movements schon länger, manche praktizieren sie regelmäßig, für einige sind die Bewegungen völlig neu.

In der folgenden Vorstellungsrunde erklären wir kurz unsere Intention, die uns hierher geführt hat:

„Ich möchte neue Herangehensweisen an die Movements kennenlernen.“

„Ich mag Movements sehr und wollte sie wieder einmal machen.“

„Ich komme wegen der Bewegung und der Präsenz.“

„Movements haben mich an meine Grenzen und zum Scheitern gebracht, ich bin sehr neugierig, wie es diesmal wird.“

„Ich kenne die Movements nicht und lasse sie neugierig auf mich zukommen.“

Herr Metz erklärt: „Die Idee und die Herausforderung hinter den Movements ist:  Wie geht mein Bewusstsein mit der Aufgabe um, intentional und in freier Entscheidung sich in vorgegebene Bewegungsformen unterschiedlicher Komplexität hineinzubegeben?“  Um das auszuprobieren, zeigt uns Herr Metz den ersten Bewegungsteil eines Movements. Die Bewegung der Füße erinnert an einfache Tanzschritte: Vor, vor, nach rechts, zur Mitte, nach links, zur Mitte, zurück, zurück. Die Bewegung der Arme, die dazu kommt, hat nach außen etwas Marionettenhaftes. Die Arme werden, häufig mit gestreckten Händen, nach vorne, oben und zur Seite bewegt. Locker und doch mit Intention.

Gurdjieff, der in Paris im Theater an der Champs-Elysees mit einer Gruppe Tänzer eine Movements-Aufführung machte, wurde von einem Journalisten darauf angesprochen: „Mr. Gurdjieff, these are not dancers, these are marionettes.“  Gurdjieff antwortete: “You are right. Outwardly they are like marionettes, but inwardly, they are free.“

 

Am Samstagmorgen macht uns Herr Metz mit dem „Zonenmodell“ bekannt.  In der Komfortzone leben wir recht angenehm, indem wir uns mit dem beschäftigen, was uns sowieso leicht fällt. Auf die Movements übertragen wären das Bewegungen, die wir schon gut können. Die Schattenseite der Komfortzone ist, dass hier keine Entwicklung stattfindet. Wir üben nicht unsere Fähigkeit mit Herausforderungen umzugehen.

In der Herausforderungszone werden wir mit Neuem konfrontiert, das zu lernen und zu verarbeiten ist und in der Überforderungszone geraten wir richtig in Stress.

Herr Metz gibt uns ausdrücklich die Erlaubnis, uns zwar der Herausforderung zu stellen aber uns, z.B. durch Reduktion der Bewegung, immer wieder in unsere Komfortzone zurückzuziehen.“Wenn wir uns erlauben, es nicht zu können, entsteht ein Raum. Dann kann es von selber kommen.“ Es ist ein fließender Wechsel zwischen Komfort und Herausforderung. Aus der Überforderung ziehen wir uns möglichst zurück. Gurdjieff: „As it is with movements, so it is with everything.“

Wir merken auch schnell: Wenn wir unachtsam sind und unsere Gedanken schweifen lassen, fallen wir aus dem Bewegungsmuster. Es geht um: „Awareness, moment by moment.“ Herr Metz meint: „Wenn du in einer schlechten Stimmung bist und deine Alltagshandlungen achtsam ausführst, geht es dir besser. Wenn das eintritt, was unser Gehirn antizipiert, ist das angenehm und entspannend. Das innere Milieu, die Dichte oder Kohärenz des Geistes, ist abhängig von unserer Präsenz.“

Nun macht uns Herr Metz mit dem „Dreieck der Lebenskunst“ vertraut. In der rechten unteren Ecke des Dreiecks geht es um die Intention, das Wollen und Können, das entschlossene und entschiedene Handeln.  In der linken unteren Ecke finden sich Gelassenheit und Gleichmut. Die beiden unteren Pole bilden das Spannungsfeld zwischen Absicht und Gelassenheit. Der obere Pol repräsentiert die Haltung des Zeugen, der bewusst und achtsam bei seinem Leben dabei sein will.

Das nächste Movement, das wir üben, ist das getanzte Enneagramm.  Einige von uns kennen es schon, für manche ist es neu. Gurdjieff, der das Enneagramm 1915 seiner Gruppe in Russland vorgestellt haben soll, trennt noch das innere Dreieck 9-3-6, vom inneren unregelmäßigen Sechseck 1-2-4-5-7 und 8 (Prozessmodell). Das innere Dreieck wird beim Enneagramm-Movement nicht in Bewegungen dargestellt, ist aber in der inneren Haltung, siehe oben (Dreieck der Lebenskunst) präsent. Zu jedem der sechs Punkte gehört eine bestimmte Arm- und Fußhaltung, die wir zuerst gleichzeitig und dann gruppenweise versetzt tanzen. Der Auftrag lautet. „Knackige, klare symmetrische Gebärden. Ein klares Statement.  Wir benutzen unsere Muskeln um in die Position zu kommen aber soft.“ („Outwardly crisp, and inwardly soft“)

Zwischen den verschiedenen Movements folgt immer eine kurze Meditation. So z.B. die Mitte-Umkreis Meditation, die hilft sich „einzumitten“. Im Umkreis sind Geräusche, Gedanken und Empfindungen. Phänomene, die der innere Zeuge wahrnehmen kann. Wir versuchen achtsam da zu sein und zu beobachten, wie Empfindungen, Gedanken und Körperwahrnehmungen geschehen. Herr Metz nennt das:“Bewusstseinsmäßig aufgerichtet sein.“ Er sagt auch:“In der Meditation kommen wir in den Gegenpol, vom Tun zum Sein und versuchen auch dabei präsent zu sein.“

Samstagabend endet das Gurdjieff Movements Seminar mit Herrn Metz, indem wir noch einmal alle Movements die wir kennengelernt haben, tanzen. In einer Abschlussrunde besprechen wir danach kurz, was uns besonders beeindruckt hat und bedanken uns bei Herrn Metz für seine angenehme Präsenz bei uns.

„Am meisten hat mich die Freiwilligkeit und die Möglichkeit der Reduktion beeindruckt.“

„Ich bin belebt und in meinem Körper geerdet.“

„Ich spüre viel Energie und habe neue Anregungen für zu Hause bekommen.“

„Es war eine Herausforderung.“

„Ein Erlebnis. Die Achtsamkeit zwischen den Movements ist heilsam.“

„Ich fühle mich beschenkt.“

 

Sonntagmorgen führen wir das Seminar in Eigenregie weiter. Wir möchten das, was wir Freitag und Samstag kennengelernt haben, in unser Enneagrammsystem einordnen. Dafür beginnen wir mit repetitiven Fragen, die wir uns in Zweiergruppen abwechselnd jeweils fünf Minuten stellen:

„Wie bist du in deinem Typ in der Komfortzone?“

„Wie bist du in deinem Typ in der Herausforderungszone?“

„Wie bist du in deinem Typ in der Überforderungszone?“

Die gewonnenen Erkenntnisse bearbeiten wir anschließend in kurzen Panels. Wir haben Menschen mit dem Typ 1, 3, 4, 6, 7 und evtl. 9, wobei dieses Mal die Meisten, Menschen mit dem Typ 7 sind. (Da behaupte noch mal Jemand 7er sind unzuverlässig).

Die Aussagen zu den Movements sind in den Panels wesentlich differenzierter, als in der allgemeinen Abschlussrunde. Hier ein paar Auszüge:

Für einige Menschen des Musters Sieben besteht die besondere Herausforderung der Movements in: „…der Limitierung von den Wiederholungen und in der Aufforderung zur Langsamkeit.“ Ein Teilnehmer sagt: “Es gibt eine „Komfortzone to go“. Das ist Ablenkung und gestaltbarer Raum. Das alles gibt es bei den Movements nicht und so kann das entstehen, was uns wirklich nährt, die zweite oder echte Komfortzone, Freiheit in der Begrenzung.“

Für mich als Mensch mit dem Typ Eins, ist die Erlaubnis die Bewegungen zu reduzieren, wenn ich nicht mitkomme, sehr entspannend. Das nimmt mir den Druck es gut machen zu müssen. Eine „echte Komfortzone“ entsteht, wenn ich mich traue auf die Struktur des Mitzählens zu verzichten und nicht das Chaos über mich hereinbricht, sondern sich der Raum weitet und alles von alleine läuft.

Auch die Menschen mit dem Typ Sechs erkennen zwei verschiedene Komfortzonen: Die des Typs und die tieferliegende Essenz, die den Raum wahrhaftig weit macht. Und sie finden ein wunderbares Schlusswort für unsere Frühjahrstagung:

„Herr Metz hat uns einen Rahmen geschaffen. Die äußere Sicherheit gibt uns die Erlaubnis zu vertrauen.“

 

Vielen Dank Gerd und vielen Dank allen Mittänzern für dieses schöne und erkenntnisreiche Wochenende.

Gez. Claudia Goldbach