Bericht über die Frühjahrstagung des EMT vom 7. – 9. April 17
in Ritschweiher zum Thema:

„Das Fremde in mir und Dir“

Wie die Enneagrammarbeit Migranten und Einheimischen helfen kann, einander zu begegnen.

Mit Jürgen Gündel und dem Team „Enneagramm for Life“

Während der EMT Frühjahrstagung im letzten Jahr wurde die Idee geboren, einen Workshop zum Thema Migration und Enneagramm zu machen.

So kam es, dass wir uns auf unserer diesjährigen Frühjahrstagung mit diesem Thema auseinandersetzten.

Wie und wo uns „ das Fremde“ in unserem Alltag begegnet, besprachen wir am Freitag in einer Eingangsrunde.

Einige von uns haben beruflich mit Migranten zu tun: Als Deutschlehrerin; als Leiter von interkulturellen Projekten; als Mitarbeiter einer Einrichtung in der Menschen aus 12 verschiedenen Nationen arbeiten und als Vorgesetzter eines Mitarbeiters aus Eritrea.

Andere halfen in der Kleiderkammer, wobei der nahe Kontakt, auch wegen der Sprachbarrieren, vermisst wurde.

Manche haben wenig Kontakt oder gehen dem Thema bis jetzt aus dem Weg.

Schnell wurde klar, dass wir  auf „das Fremde“ musterspezifisch reagieren und dass es wichtig ist, das Fremde in uns selbst willkommen zu heißen und darauf zuzugehen, um es auch im Äußeren zu akzeptieren.

Im Video : „Die DNA-Reise“, das wir uns danach zur Einstimmung anschauten, geht es um Menschen, die „bestimmten anderen Nationalitäten gegenüber unaufgeschlossen sind.“

Mittels eines Tests erfahren sie, dass sie „Teil einer genetisch multikulturellen Geschichte sind.“

Jay aus England meint zu seinem Ergebnis: „Ich bin Jay von überall.“

Die Atmosphäre hat sich sichtlich entspannt und alle strahlen.

Im Abspann steht: „Eine offene Welt beginnt mit einer offenen Einstellung.“

Dazu passt ein Satz des Dalai Lama, der sinngemäß gesagt hat: „Versuche einen Monat im Jahr im Ausland zu leben, damit frischer Wind in deinen Kopf kommt.“

Im Anschluss erläuterte uns Jürgen in einem einführenden Vortrag, dass „Enneagrammler vielleicht mehr als andere wissen, wie es ist mit dem Fremden umzugehen. Wenn typspezifisch Angst vor dem Fremden aufkommt, haben wir die Möglichkeit, sie nicht zu unterdrücken und nicht auszuagieren, sondern sie zu „halten“.

Wir vermeiden so primitive Abwehrmechanismen wie

  • Spaltung (schwarz-weiß, rechts-links) oder
  • Projektion (unserer eigenen Angst vor dem Fremden in uns, auf das Fremde im Außen) Auch: Wenn wir den eigenen Faschisten in uns nicht kennen, projezieren wir ihn auf andere.“

Einige hilfreiche Enneagramm Metapositionen sind:

  • Unangenehme Gefühle ( z.B. Angst ) lange genug zu halten, statt sie auszuagieren (containing).
    • Bei auftauchenden Problemen die Frage zu stellen: Was löst es in mir aus?
  • Zu erkennen, dass jeder Mensch dem wir begegnen einen Kampf auszufechten hat, von dem wir nichts wissen.
  • Kommunikation als physische Begegnung zwischen Menschen zu erleben und sich nicht auf virtuelle Kommunikation zu verlassen.
  • Den eigenen Faschisten bei sich zu erkennen, um ihn nicht auf andere projezieren zu müssen.“

In Bezug auf den letzteren Punkt fanden wir uns anschließend zu „Stammtischgesprächen“ in Gruppen zusammen. Mehr oder weniger deutlich sprachen wir die gängigen Floskeln zum Thema Migration und Migranten aus. Das machte einigen Spaß und verschlug anderen die Sprache. Zweck der Übung war es, die eigenen fremdenfeindlichen Anteile zu artikulieren, einerseits, um Luft rauszulassen, andererseits, damit wir sie nicht auf Menschen am rechten Rand der Gesellschaft projizieren und sie sozusagen unsere schmutzige Arbeit machen lassen.

Am Samstag und Sonntagvormittag versuchten wir mit Hilfe von Minipanels besser zu verstehen, welche Ressourcen jeder Typ mitbringt, um dem Fremden in sich und im Außen zu begegnen und wie diese typspezifische Ressource uns im Umgang mit dem Fremden helfen kann.

Wir merkten schnell, wie berührend die Selbstreflexion der einzelnen Typen war und wollten uns ausführlicher damit beschäftigen.

Wo die Leidenschaften der einzelnen Typen auch bei diesem Thema im Wege stehen, berühren die Tugenden und die Essenzen unsere Herzen.

Dazu musste das Leitungsteam die eher aufgabenbezogene, schnelle Arbeitsform mit grosser kognitiver informationsdichte wie von der Gruppe gewünscht verlangsamen und erlebnisbezogener machen. Jürgen sah in diesem Gruppenprozess einen parallelen Prozess zu gesamtgesellschaftlichen Vorgängen. Vielen ist ihr Leben zu schnell und zu wenig emotional bezogen. Er meinte dazu: „Möglicherweise möchten wir gestoppt werden. Wir wollen mehr erfahren als reden um uns und das Fremde in uns zu spüren. Wenn alles was hängen bleibt das ist, dass es entschleunigt, langsamer gehen soll, haben wir viel mitgenommen.“

Auch deshalb wurde eine persönliche, erlebnisorientierte Sequenz eingeschoben.

Wir stellten uns in Zweiergruppen die Frage: „Was ist das Fremde in mir, das zu mir kommen will und das ich nicht willkommen heiße? Wie wehre ich es ab?“

Während die eine Person über die Frage reflektierte, hielt die andere mit innerer Aufmerksamkeit den Prozess (containing).

Nach einem bewegenden Video („Jury in Tränen“) am Sonntagmittag, sagte jeder von uns was sie oder er aus dem Wochenende an Eindrücken mit nach Hause nimmt.

Es war eine beeindruckende, persönliche Atmosphäre in der ganz neue Einsichten entstanden.

Vielen, vielen Dank an alle für eure offenen Herzen und Danke an Jürgen, Annegret, Heide, Ilona und Sabine vom Enneagramm for life – Team

Claudia Goldbach